Wie kann Google Usersignale messen?
Dass Usersignale für ein gutes Ranking bei Google wichtig sind, da sind sich inzwischen alle einig. Aber was kann Google eigentlich messen? Welche Signale sind tatsächlich sinnvoll? Die Klickrate, Verweildauer und short clicks sind es nicht immer. Eine Gedankenreise in Googles Möglichkeiten.
Nutzt Google wirklich Usersignale?
Für diejenigen, die bezüglich Usersignalen noch skeptisch sind, werfe ich vorab einen Blick auf eine saisonale Suchanfrage. Im Beispiel veränderten sich die Rankings massiv, sobald der Traffic bzw. die Impressionen kamen:
Offensichtlich hatten die Nutzer einen Einfluss auf das Ranking. Es ist also nicht die Frage, ob Google Usersignale nutzt. Die viel spannendere Frage ist, wie sie genutzt werden.
Der Klassiker: Die Klickrate
Den Einfluss der Klickrate in den Suchergebnissen kann ich nicht oft genug betonen. Auch Rand Fishkin hat das schon viele Male zum Thema gemacht. Aber wie gut eignet sich die Klickrate als Rankingfaktor?
Die Klickrate ist für Google enorm hilfreich, um die Suchintention oder eine bestimmte Präferenz hinter einer Suchanfrage festzustellen. Nehmen wir die Suchanfragen „italiener“ und „amerikaner“ – die Suchanfragen sind quasi identisch, die Intention komplett unterschiedlich. Einmal werden Restaurants gesucht, einmal Rezepte. Die Klickrate ist in so einem Fall eine große Hilfe für Suchmaschinen, um schnell die richtige Intention zu erkennen.
Aber die Klickrate stößt an ihre Grenzen. Ein Extrembeispiel: Nehmen wir an, ich habe einen Webshop und schreibe in meinem Title: „-50% auf alle Laptops, nur bis zum 31.5.!“. Die Klickrate wird danach naturgemäß in die Höhe schnellen, die Rankings werden folgen. Wenn die Nutzer dann aber feststellen, dass ich nur drei uralte und überteuerte Laptops anbiete, werden sie sich ärgern und meine Seite wieder verlassen. Offensichtlich bin ich ein schlechtes Suchergebnis.
Die Klickrate ist ein sehr hilfreiches Signal, aber es kann nicht das einzige sein. Sonst ließe sich vieles viel zu leicht manipulieren.
Erscheint einleuchtend: Short Clicks
Short clicks (oder auch die back to serp rate oder pogo sticking) sind leicht erklärt: Wenn ein Suchender auf eine Website kommt, danach den Zurück-Button betätigt und dann das nächste Ergebnis ansurft, ist es sehr wahrscheinlich, dass das erste Ergebnis nicht gut war. Bei einer Suchanfrage wie „zalando gutschein“ kann Google beispielsweise anhand des Klickverhaltens relativ gut nachvollziehen, was beim Nutzer im Kopf passiert. Zur Verdeutlichung habe ich das euch mal aufgeschlüsselt:
Bei informationsorientierten oder sehr zielgerichteten Suchanfragen ist das sinnvoll. Nur ist die Realität leider selten so simpel. Vor allem nicht bei kommerziellen Suchanfragen.
Ich habe mich selbst in den letzten Monat dabei beobachtet, wie ich mit Kaufabsicht navigiere und suche. Dabei habe ich festgestellt, dass ich immer wieder zu den Suchergebnissen zurückkehre. Egal, ob das Suchergebnis gut oder schlecht ist. Komplette Suchsessions sind bei guten und schlechten Suchergebnissen oft völlig identisch. Nehmen wir das Beispiel „esstisch lampe“:
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Google hat selbst mit allen Browserdaten dieser Session keine Chance, zu erkennen, wie ich die jeweilige Sucherfahrung wirklich empfunden habe. Gerade auch, wenn Nutzer Preise vergleichen: Die Klicks sind komplett gleich. Bis auf die Tatsache, dass irgendwann in einem der Browserfenster die Bestellung abgeschickt wird.
Sind Nutzersignale daher für die Tonne? Nein, natürlich nicht!
Das ehrlichste Feedback: Wiederkehrende Besucher
Eines haben die meisten guten Suchergebnisse gemeinsam: Die Nutzer kommen gerne wieder. Ob es nach ein paar Sekunden, ein paar Stunden oder auch ein paar Wochen ist, ist dabei völlig egal. Ich werde wiederkommen. Ein paar Beispiele:
- Ich habe drei Suchergebnisse für einen bestimmten Sneaker aufgerufen. Am Ende entscheide ich mich für den seriösesten und günstigsten Shop, der meine Größe hat. Ich komme nach ein paar Sekunden wieder auf diese Seite.
- Im Beispiel der Grafik oben habe ich den Link zur Lampe für eine zweite Meinung verschickt. Einen Tag später klicke ich diesen Link wieder an und kaufe die Lampe.
- Ich suche nach einer Projektmanagement-Software. Ich vergleiche viele verschiedene Anbieter, vereinbare Gespräche und teste Demos. Nur bei der für mich besten Software komme ich zwei Wochen später wieder auf die Seite.
Die Beispiele lassen sich unendlich weiterführen. Beobachtet euch da einfach mal selbst!
Bei all diesen Annahmen wage ich keine Aussage zu treffen, was Google aktuell schon macht. Mit Chrome, Android und vielem mehr könnten sie es allerdings. 2014 hat Julian schon über das Thema Trafficströme geschrieben. Und wenn ich diese Gedanken formulieren kann, dann können das Mitarbeiter bei Google schon längst. Ich denke also, dass die Realität zumindest nicht sehr weit entfernt ist.
Was heißt das für SEO?
Schon längst geht es darum, für Sucherfahrungen zu optimieren. Mit einem Verständnis dafür, was überhaupt messbar sein kann, lässt sich deutlich zielgerichteter vorgehen. Ein logisches Ziel ist es demnach, Nutzer, die über die Suche auf meiner Seite landen, irgendwann zum Wiederkehren zu bewegen. Mögliche Ansätze wären dafür:
- Content-Marketing: Wenn ein Nutzer bei mir einen Whisky kauft, liefere ich ihm gleich dazu gute Inhalte über Tasting-Notes, die er sich nochmal anschauen kann, wenn der Whisky eingetroffen ist. Whisky.de ist damit sehr erfolgreich – zu Recht.
- Usability bzw. User-Experience: Wenn der Aufbau meiner Seite die Leute dazu einlädt, mehr zu interagieren und mehr entdecken zu wollen, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass sie wiederkommen. Lovingnewyork.de macht das enorm gut, durch eine sehr gute Strukturierung der ebenso guten Inhalte im Blog – vor allem auch mobil. Deren Sichtbarkeit zeigt, dass es sich lohnt.
- Social Media: Wenn glückliche Nutzer meine Seite vor oder nach dem Kauf auch noch liken, kann ich sie mit Aktionen und Inhalten wieder auf meine Seite holen.
- Newsletter bzw. E-Mail-Marketing: Es lohnt sich, meine Nutzer dazu zu animieren, mir ihre Mailadresse zu geben. So kann ich sie regelmäßig zielgerichtet anschreiben, damit sie wiederkehren.
- Remarketing: Mit Anzeigen für Nutzer, die in der Vergangenheit meine Seite besucht haben, kann ich natürlich auch meine Besucher zurückholen.
Und, wem ist‘s aufgefallen? 😉 (Fast) sämtliche Maßnahmen lassen sich unter dem Begriff „Inbound Marketing“ zusammenfassen.
Wenn Du also langfristig als ein gutes Suchergebnis gelten willst, solltest Du nicht nur auf Kennzahlen wie eine gute Klickrate, Verweildauer und eine geringe Absprungrate achten. Viel wichtiger ist es, den Nutzer langfristig zu binden und zum Zurückkehren zu animieren.
Das ist meine Meinung. Aber auch Deine Meinung zum Thema interessiert mich! Ist meine Theorie haltbar? Welche Maßnahmen leitest Du daraus ab? Kommentier einfach, ich freu mich!
Hallo Felix,
erstmal vielen Dank für deinen Beitrag. Ich stimme zu 80 % zu. Leider gibt es aber auch Seiten, die der Besucher im Normalfall nicht öfter als einmal (evtl. auch einmal im Jahr) besuchen muss.
Wir selbst haben mit miet-check genau dieses Phänomen / Problem. Der Nutzer informiert sich einmalig über den Mietpreis in seiner Stadt. Danach hat er erstmal für eine längere Zeit „RUHE“ und muss nicht wieder zurück kommen.
Wir versuchen das mit NL und Mietpreis-Analyse ein wenig abzufangen, aber prinzipiell reicht ein einmaliger Besucher bei uns.
Auch die Nutzung des „zurück-Buttons“ ist oftmals nicht negativ. Nachdem der Besucher genau das gefunden hat was er sucht, macht der Klick auf den Zurück-Button durchaus Sinn um noch ein weitere Meinung einzuholen.
Danke und viele Grüße
Jochen
Hallo Jochen,
interessante Perspektive, danke dafür! Ich kenne das Thema zwar nicht so gut wie du, aber ich denke schon, dass es sich hier um eine zielgerichtete Suchanfrage handelt, die entweder beantwortet ist oder nicht. Insofern glaube ich schon, dass short clicks für Google hier das beste Kriterium wären. Fehlerfrei sind die Daten natürlich nie, aber es könnte sinnvoll sein.
Viele Grüße
Felix
> Leider gibt es aber auch Seiten, die der Besucher im Normalfall nicht öfter als einmal
Bei dieser Art von Seiten geht es der „Konkurrenz“ um den ersten Plätze aber genauso.
> um noch ein weitere Meinung einzuholen
Je vertrauenswürdiger die Quelle und je mehr die das Bedürfnis nach einer Zwei- und Drittmeinung direkt abbildet, desto weniger Zurück-Klicks werden erfolgen.
Solange man tolle Inhalte (Content, Content, Content!!!) und noch tollere Usability auf seiner Seite hat muss man sich keine Sorgen machen.
Wenn aber nach 3 Sekunden ein Banner einfliegt, in dem die E-Mail-Adresse eingetragen wird, um immer „Up-to-date“ zu bleiben, drücke ich direkt die Zurück-Taste. Oder wenn um den kompletten Content Werbung eingeblendet wird. Schrecklich. Und so kurzsichtig.
Das macht die positive Besuchererfahrung komplett kaputt und wird die Besucher in der Zukunft abschrecken, es gibt viele Seiten, die ich gar nicht mehr besuche.
Meiner persönlichen Erfahrung nach ist ein simpler & schöner Seitenaufbau, mit passenden Bildern (Anzahl & Thema) auf lange Sicht viel effektiver. Denn mit dieser Art von Website verbinden die Besucher auch auf Dauer positive Gefühle und werden sie wieder besuchen (oder teilen, weiterempfehlen, etc.). Vertrauen schaffen, dann verkaufen.
Dani
Hallo Dani,
Zum Popup: Ich mag auch keine Popups, aber leider ist nun mal die Conversionrate um ein Vielfaches höher. Ein Klick auf das Kreuz und Du siehst das Popup 14 Tage nicht mehr. Dafür, dass wir Dir hier tollen Content bieten und sonst keinerlei Werbung auf der Seite haben, finde ich das ok.
Julian,
mein Text sollte nicht als Angriff auf Seokratie verstanden werden. Euer PopUp kam auch erst am Ende des Artikels, was mir als Besucher, die Möglichkeit gibt, zu erkennen, dass ihr keinen Quatsch schreibt.
Also Daumen hoch an der Stelle. Was mich stört, sind die Seiten, wo man direkt(!) aufgefordert wird, seine E-Mail einzutippern.
Ich denke mal, dass ihr genug gestestet habt mit eurem PopUp, aber mir erscheinen 14 Tage als eine sehr lange Zeit, um das PopUp zu pausieren. Wieso nicht 1,2 oder nur 3 Tage?
Beste Grüße,
Dani
Hallo Dani,
Dann habe ich das vollkommen in den falschen Hals bekommen, tut mir leid!
Direkte Aufforderung ist schon etwas anderes, wobei wir das streng genommen bei unserem E-Book schon auch haben. Für ein E-Book finde ich es allerdings ok, meine Adresse herzugeben – aber nicht für einen „normalen“ Artikel. Hier ist ja dann auch die Qualität des Leads nicht unbedingt super, weil sie dann vermutlich gar nicht am Newsletter etc. interessiert sind – da hast Du vollkommen Recht.
Unser Popup kommt sowieso bei den meisten Leuten jeden Tag, weil es cookiebezogen ist. Wer seine Cookies nach jeder Session löscht, der bekommt es (leider) jedes Mal angezeigt.
Viele Grüße
Julian
Also ich finde es immer toll, wie hier die Info´s geteilt und weitergegeben werden.
Und um es auch nochmal positiv zu betonen, das Banner nervt nicht und kommt ja auch nur am Ende des Artikels 😉
Ich habe mich früher über solche Banner genervt, stelle in letzter Zeit fest, dass ich ganz automatisch diese weg clicke, sobald eins aufpopt – ohne mich darüber zu interessieren, was eigentlich angeboten wird. Banner im Netz sind so verbreitet wie Außenwerbung, und ihr wisst ja wie wir diese wahrnehmen. Überhaupt nicht.
Also manche Dinge sind für meinen Beruf nicht umzusetzen. Ich bin Hochzeitsfotografin. Wenn mich Kunden gebucht haben und dann auch über meine Homepage eine Kundengalerie bekommen und diese auch an die Gäste weitergeben, dauert es ewig bis jemand wieder auf die Seite geht. Warum auch. Hat ja seine Leistung bekommen und seine Fotos. Die einizigen die wieder kommen sind Gäste einer Hochzeit die mich dann auch buchen wollen. Also verliere ich oft bei „wiederkehrende Besucher“
Wie oft sollte denn d.E. ein gebloggt werden?
Hallo Silke, danke für deinen Kommentar und deine Perspektive! Bei dir würde ich gedanklich das Wiederkehren vorher ansetzen. Heißt, deine Kunden stöbern vorher nach Hochzeitsfotografen und schauen, was ihnen gefällt. Wenn deine Fotos ansprechend waren, rufen sie deine Seite wieder auf und kontaktieren dich.
Und zur Häufigkeit: Die Frequenz hat für mich damit nicht direkt zu tun. Es geht einfach um das Wie, Warum und Wo deine Besucher wieder zu dir kommen. Das kann auch mal nur eine Handvoll statischer Seiten sein – oder wirklich nur dein kreatives Portfolio.
„…Ich habe mich selbst in den letzten Monat dabei beobachtet, wie ich mit Kaufabsicht navigiere und suche. Dabei habe ich festgestellt, dass ich immer wieder zu den Suchergebnissen zurückkehre. Egal, ob das Suchergebnis gut oder schlecht ist…“
Genau das ist der Punkt. Man sucht und hofft immer ein besseres Angebot zu bekommen. Man könnte jetzt sagen, dass wenn man nicht wieder zu den SERPS zurückkehrt man das optimale Angebot gefunden hat. Ob das so einfach ist entscheidet Google. Suche ich aber eine Kamera des Typs „XGH123“ und kehre nicht zu den Serps zurück sollte die Erkenntniss sein: Das ist das optimale Angebot (für mich). Einfach – oder doch nicht so einfach?… ich philosophiere mal wieder.
Es ist sicherlich bei vielen Thema ein Kriterium, aber viele Webseiten bedienen Themen bei denen z. B ein kurzer Blick für die Info genügt oder nur ein mal im Jahr besucht. Hier hat Google aber ja z. B durch Rankbrain einen guten Einblick, indem nicht nur generell nach Rankingkriterien sortiert wird, sondern auch Themen und Keywordspezifisch geranked wird.
Beispiel von oben: Google merkt, dass Seiten die sich mit dem Keyword „Mietpreisen“ beschäftigen meist nur 1mal angeklickt werden. So wird dieser Faktor sicher weit weniger gewertet als bei anderen Keywords bzw. Themen, da Rankbrain sich anpasst.
Mal als Theorie..
VG
Hi Felix,
Ein spannender Artikel. Die Modelle (Emotion des Users vs was kann Google aus der Handlung ableiten) veranschaulichen sehr gut, dass Google über zahlreiche weitere Kennzahlen verfügen muss, um ein vernünftiges Suchergebnis herzustellen.
Fakt ist, dass wir niemals vollständig verstehen können, was Google alles messen kann und wie sie es nutzen, um die Relevanz von Inhalten zu messen.
Daher erkennst du schon richtig: Mit einem User-Fokus und einer Inbound-Strategie kann man gar nicht scheitern. Alle wollen Google verstehen – dabei muss man den User verstehen. Nichts anderes macht Google – Optimierungen für den User.
Das Beispiel von Whiskey.de kannte ich noch nicht – danke hierfür.
Grüße aus Berlin,
Ben
Sehr schöner Artikel Felix
Spannender Artikel.
Ich würde noch die Ideen in den Raum werfen, dass Google tracken kann (betrifft hauptsächlich Ecommerce-Seiten) ob ein Kaufabschluss zustande kam. Zumindest mit guter GA-Implementierung kann ich das ja in meinem Analytics-Konto sehen.
Das war nur ein Beispiel und ist auch keine fundierte Meinung darüber, was Google noch alles kann. Ich glaube, dass das schon sehr weit geht und noch viel weiter geht. Deine Bedenken die in der zweiten Grafik super dargestellt ist teile ich…aber was ist auch schon Verweildauer :-)?