SEO

Mai 2020 Core Update in Deutschland angekommen

Julian DzikiSEO-Experte

Ein neues Core Update wird momentan in Deutschland ausgerollt. Was es damit auf sich hat und was ein Core Update überhaupt ist, das erfährst Du im heutigen Beitrag.
Erdkern
Bereits vorgestern kündigte Danny Sullivan (Google) das Update an.


Gleichzeitig verwies er (wie immer) auf die entsprechende Infoseite von Google zum Thema Core Updates. Das letzte große Core Update fand in der zweiten Januarwoche statt.

Was ist passiert?

Sistrix hat bereits darüber gebloggt und zeigt eine Liste an Domains, die stark gewonnen oder verloren haben. Manchmal ist es so, dass man ein Core Update kaum wahrnimmt, obwohl Google es vorher angekündigt hat. Dieses Mal scheinen die Veränderungen recht groß zu sein – zumindest für einige Domains. So hat etwa die Wirtschaftswoche wieder um 55 % an Sichtbarkeit gewonnen – nach einem drastischen Rückgang im Januar 2020.

Wirtschaftswoche Sichtbarkeit

Die Sichtbarkeit der Wirtschaftswoche hat nach einem starken Abfall im Januar 2020 nun wieder hinzugewonnen.

Dieses Mal scheint es nicht eine bestimmte Branche (wie etwa die Medizinbranche beim Medic Update im August 2018) getroffen zu haben, sondern es sind sowohl Nachrichtenseiten als auch Shops oder Medizinseiten dabei – quer durch alle Branchen und Seitentypen.

Ein paar Beobachtungen von mir

Es ist wirklich noch sehr früh, deswegen bitte mit Vorsicht genießen – aber folgendes fiel mir auf:

  • Sehr große E-Commerce Domains (Zalando, Otto, Amazon) haben so gut wie keine Schwankungen
  • Es sind wieder auffallend viele Medizindomains unter den größten Schwankungen dabei.
  • Viele Domains scheinen mit informationsorientierten Suchen zusammenzuhängen. Es sind auffallend viele Seiten im Reise-, Automobil-, Finanz- und Versicherungsbereich bei den Gewinnern und Verlierern.

Wenn man genauer hinsieht, dann trifft es viele Websites aus dem Your-Money-or-Your-Life-Bereich. In den Google Quality Rater Guidelines (PDF, Seite 10) betont Google schon länger, dass Websites, die Informationen bereitstellen, die das eigene Leben stark positiv oder negativ beeinflussen können als sogenannte „YMYL“-Websites anders bewertet werden. Wenn es um Dein Geld oder Dein Leben geht, also beispielsweise bei Tipps zur Geldanlage oder Informationen zur Gesundheit, dann wertet Google eine Website anders als eine Website mit einem weniger schwerwiegenden Thema.

Was passiert bei Core Updates?

Was Du jetzt gleich liest, ist meine eigene Theorie, die natürlich nicht stimmen muss.

Auf der entsprechenden Infoseite hat Google eigentlich viel zu den Vorgängen veröffentlicht.

„One way to think of how a core update operates is to imagine you made a list of the top 100 movies in 2015. A few years later in 2019, you refresh the list. It’s going to naturally change. Some new and wonderful movies that never existed before will now be candidates for inclusion. You might also reassess some films and realize they deserved a higher place on the list than they had before. The list will change, and films previously higher on the list that move down aren’t bad. There are simply more deserving films that are coming before them.“

Vier Faktoren spielen eine Rolle bei Core Updates

  1. Annahmen und feste Vorgaben
  2. Daten
  3. Machine Learning
  4. Testing

Zunächst einmal ist es so, dass Google neue Suchergebnisse (etwa neue URLs wie neue Blogposts oder neue Domains) anhand historischer Vergleichsdaten rankt und einordnet. So werden etwa Titles und Descriptions meiner Meinung nach nicht mittels der tatsächlichen Klickrate bewertet, sondern mithilfe der voraussichtlichen Klickrate – die man mit Erfahrungsdaten sehr gut berechnen kann. Das ist der alte, starre Algorithmus, der (meiner Meinung nach) immer noch aktiv ist.

Jedoch hat Google festgestellt, dass sich die Dinge regelmäßig ändern. Ein total andersartiger neuer Onlineshop mag für den Algorithmus ein „schlechter“ Shop sein – für den Nutzer ist er aber, gerade weil er nicht ins alte Schema passt, eine gute Nutzererfahrung. Also sammelt Google Daten aus den verschiedensten Quellen.

Ich vermute folgende Quellen, aber das sind natürlich reine Spekulationen:

  • Browserdaten
  • Daten via Android und anderen Betriebssystemen
  • Nutzerdaten (anonymisiert)
  • Klickdaten aus der Google-Suche
  • Quality-Rater-Ratings, die besonders auf neue und „seltsame“ Datensätze losgelassen werden

Diese neuen Daten werden dann in ein Machine Learning System gesteckt. Ein seltsames Beispiel, aber: Stellt sich heraus, dass Onlineshops mit blauer Navigation nun besser funktionieren als die mit roter, dann würde das die KI anhand der neuen Daten künftig auch so berücksichtigen.

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Anschließend baut man diese neuen Erkenntnisse fix als KI-Komponente in einen neuen Algorithmus ein. Man schreibt also nicht in den Algorithmus „blau ist besser als rot“, sondern man schreibt hinein „Nutze die KI“ und weiß letztlich gar nicht, wie die KI welches Ergebnis mithilfe welcher Kriterien bewertet. Der neue Algorithmus wird auf etwa 0,1 Prozent der Nutzer getestet. Google beschreibt es zwar nicht für Algorithmen, aber auf einer Infoseite über das Einführen neuer Features allgemeiner: Im Jahr 2019 gab es 17.523 solcher Tests. Auf dieser Seite steht es schwarz auf weiß:

„Zusätzlich zu den Qualitätsprüfungen der Google-Suche führen wir Live-Traffic-Tests durch, um festzustellen, wie reale Nutzer eine neue Funktion einsetzen, bevor wir diese Funktion veröffentlichen. Für die Tests stellen wir die neue Funktion nur einer kleinen Gruppe von Nutzern zur Verfügung, in der Regel sind es etwa 0,1 %. Wenn wir genug Daten erfasst haben, vergleichen wir die Ergebnisse der Testgruppe mit denen einer Kontrollgruppe, die diese Funktion noch nicht verwenden konnte. Wir sehen uns zahlreiche Messwerte an, zum Beispiel worauf die Nutzer geklickt haben, wie viele Suchanfragen eingegeben wurden, ob Suchanfragen abgebrochen wurden und wie lange es im Durchschnitt dauert, bis die Nutzer auf den Link eines Suchergebnisses klicken. Anhand dieser Ergebnisse ermitteln wir, ob die neue Funktion bei den Nutzern gut ankam. So möchten wir sicherstellen, dass die geplanten Änderungen auch tatsächlich relevantere und hilfreichere Ergebnisse erzielen.“

Diese 0,1 Prozent der Nutzer bekommen nun die neue Funktion vorgesetzt – anschließend prüft Google, ob die Nutzer insgesamt zufriedener mit der Google-Suche sind als sie es zuvor waren. Ist das der Fall (vermutlich bei mehreren Tests), dann wird die neue Funktion ausgerollt. Ich gehe davon aus, dass es eben nicht nur (wie auf der Website beschrieben) um kleine Designänderungen geht, sondern dass Google auch für algorithmische Änderungen das gleiche Verfahren nutzt. Ist der Test erfolgreich, dann wird der neue Algorithmus ausgerollt. Das ist dann das Core Update. Selbst die Ingenieure bei Google wissen nicht, welche Faktoren die KI heranzieht. Aber es gilt die Meinung: „Wenn es dem Nutzer besser gefällt, dann muss es ja gut sein“. Spaß beiseite – ich denke, dass es auch oft misslungene Tests gibt, die dann eben nicht ausgerollt werden. Nur, wenn sich Google ganz sicher ist, dass die Suchergebnisse dauerhaft besser sind, dann rollt Google aus.

Dies funktioniert dann wieder mit Rendering – d.h. die KI ist niemals wirklich „live“, sondern immer mit Ergebnissen trainiert, die einige Wochen oder eher Monate alt sind. Jetzt verstehst Du vielleicht auch, wie wichtig Google hier das „Rankingschicksal“ einer einzigen Domain sieht. Es geht der Suchmaschine nicht um einzelne Domains – es geht ihr nur darum, ob die Nutzer zufriedener sind oder nicht.

Ist das Core Update live, werden längst wieder die Daten für eine weitere Iteration gesammelt.

Warum die monatelangen Pausen zwischen Core Updates?

Ich denke, dass es in Wahrheit keine so großen Pausen mehr gibt. Es ist nur so, dass Google vorab überprüft, ob ein Update größere Auswirkungen auf Webmaster haben wird oder nicht. Sind große Auswirkungen zu erwarten, dann kommuniziert und benennt Google es vorab.

Grundsätzlich ist es allerdings so, dass Änderungen am Algorithmus immer durch eine Qualitätskontrolle gehen – denn es handelt sich ja um das Kernprodukt von Google. Sollte eine Algorithmusänderung jemals dazu führen, dass die Google-Suche sich drastisch verschlechtert, würden die Nutzer schnell zu anderen Suchmaschinen abwandern. Deswegen ist Google lieber etwas zu vorsichtig. Außerdem benötigt man relevante Messdaten in genügender Menge – das kann dauern, bis man sie bekommt. Die Rechenpower für die KI ist natürlich auch nicht zu unterschätzen. Täglich ein Update zu fahren, ist nicht möglich.

Warum hat meine Website verloren oder gewonnen?

Wenn Du Dir den obigen Abschnitt gut durchgelesen hast, kann es nur zwei Gründe geben:

  1. Deine Website gefällt den Usern oder Qualityratern nicht mehr so wie anderen beziehungsweise andere sind besser geworden.
  2. Es gibt einen Datenfehler und Du hast mit dem Core Update einfach Pech gehabt.

Was soll ich tun, wenn ich betroffen bin?

Der beste Rat ist: Versuche eine bessere Website als jemals zuvor zu erstellen. Wenn Du stark verloren hast, überlege Dir, ob es gute Gründe geben könnte, warum das so ist. Es kann gut sein, dass Du im nächsten Update wieder gewinnst – das muss aber nicht so sein. Manche gewinnen auch nie wieder oder kommen nicht zu ihrer alten Größe zurück. Halte Dich an die Ratschläge von Google. Lies Dir die Quality Rater Guidelines durch. Und dann hoffe und warte auf das nächste Update.

Fragen / Kommentare? 🙂

Titelbild: Rost-9D / Gettyimages

Über Julian Dziki
Wie andere Fussballprofi werden wollten, so wollte Julian immer schon im Online Marketing arbeiten. Den Blog Seokratie.de startete er 2008 neben seinem Studium. Aus dem Hobby wurde sein Beruf: Heute ist er Geschäftsführer und Inhaber der Online Marketing Agenturgruppe Seokratie mit über 40 Mitarbeitern. Er ist Autor von "Suchmaschinen-Optimierung für Dummies", das 2018 im Wiley Verlag erschienen ist. Hier findest Du alle Beiträge von .
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